Cant Z.1012
Die Cant Z.1012 war ein dreimotorige Reise- und Verbindungsflugzeug aus Italien. Das Flugzeug wurde in den 1930er Jahren entwickelt und in einer Kleinstserie gebaut.
Entwicklunggeschichte Cant Z.1012
1937 forderte das Ministerium für Luftfahrt in Rom in einer Spezifikation ein leichtes, schnelles Verbindungsflugzeug speziell für die Verwendung als Reiseflugzeug für die Diplomaten der italienischen Botschaften weltweit.
Gefordert wurden:
Holzbauweise, Leermasse unter 2.000 kg, 5 Passagiere, 350 km/h Höchstgeschwindigkeit, mindestens 1.000 km Reichweite, Gipfelhöhe min. 5.000 m.
Diese Ausschreibung ging an fünf Firmen, Fiat, Savoia-Marchetti, Breda, Caproni-Bergamaschi und CRDA Cant. Da die Ausschreibung auch klar formulierte, dass lediglich eine Handvoll dieser Maschinen gebaut werden sollten, ging kein Angebot der Firmen beim Ministerium ein. Auf Nachfrage des Ministeriums antworteten die Firmen, dass sie keine Entwicklungskapazitäten hatten, da alle mit vorrangigen wichtigen militärischen Projekten ausgelastet seien. Fiat zum Beispiel wies auf den in der Erprobung stehenden Jäger G.50 und auf den Bomber BR.20 hin, die höchste Priorität besaßen. So musste das Ministerium den Entwicklungsauftrag ohne Angebot an eine Firma vergeben. Die Firma Cantiere Aeronautici e Navali Triestini (CANT), die Teil von IRI (Instituto per la Riconstruzione Industriale) war und damit dem italienischen Staat gehörte, erhielt somit den Entwicklungsauftrag. Für die Firma CANT hatte der italienische Luftfahrtminister, Marschall Italo Balbo, persönlich den bei Bleriot in Frankreich tätigen Konstrukteur Filippo Zappata zurückholen lassen und setzte ihn als Chefkonstrukteur ein. Mit dieser Unterstützung ging Zappata in kurzer Zeit die verschiedensten Projekte an, meist Wasserflugzeuge, aber auch große dreimotorige Bomber und Transportflugzeuge. Eigentlich passte das geforderte Diplomaten-Reiseflugzeug nicht so recht in das CANT Programm, aber Zappata hatte Marschall Balbo ein erstklassiges Flugzeug versprochen und das sollte es auch werden. Der italienischen Philosophie folgend, das mehrmotorige Flugzeuge immer mindestens drei Motoren benötigen, einmal aus Sicherheitsgründen, zum anderen aber auch, weil der italienische Flugmotorenbau nicht in der Lage schien, entsprechend leistungsstarke Motoren zu entwickeln und zu liefern. Aus dieser Lage heraus waren die italienischen Konstrukteure gezwungen, die fehlende Motorleistung durch eine hohe aerodynamische Güte ihrer Maschinen wenigstens teilweise zu kompensieren und die meisten ihrer damaligen Flugzeuge waren schön anzuschauen.
Konstruktionsmerkmale der Cant Z.1012
Der Entwurf Zappatas für das Diplomatenflugzeug sah einen dreimotorigen Tiefdecker mit Einziehfahrwerk und abgestrebten Normalleitwerk in Holzbauweise mit Leinwandbespannung vor. Die Maschine bestach durch ihre elegante Linienführung und wurde von Marschall Balbo für die Fertigung empfohlen, wobei er gleich eine Maschine als privates Reiseflugzeug für sich beanspruchte. Die Arbeiten an dem nun offiziell als Z.1012 (das Z steht für den Konstrukteur Filippo Zappata) bezeichneten Maschine begannen im Sommer 1937. Als Antrieb sah man drei luftgekühlte hängende Vierzylinder Reihenmotoren Alfa Romeo 110 vor. Dieses Triebwerk war eine Überarbeitung des bewährten de Havilland Gipsy Major, der bei Alfa Romeo in kleiner Serie in Lizenz gefertigt wurde. Der Motor hatte einen Hubraum von 6,125 Litern und eine Startleistung von 122 PS (90 kW) bei 2.350 U/min. Er war mit einer Länge von 1,642 m, einer Breite von 0,498 m und einer Höhe von 0,825 m relativ groß und wog leer 136 kg. Der Verbrauch lag bei 40 Litern auf 100 km. Der Rumpf mit einem leicht ovalen Querschnitt war eine reine Holzkonstruktion aus Spanten, die durch Stringer verbunden waren. Sperrholzformteile gaben die gewünschte Form. Manche Bereiche waren durch Sperrholz verstärkt, wie der Kabinenboden und Teilbereiche am Rumpfrücken. Lediglich die Motorverkleidungen waren aus Leichtmetall gefertigt. Der restliche Rumpf war mit Leinwand bespannt. Hinter dem Bugmotor, der durch ein Leichtmetall-Brandschott von der Kabine getrennt war, befand sich der Öltank mit einem Volumen von 38 Litern. Die folgende, schallisolierte Kabine mit kompletter Stoffverkleidung und hochwertigen Teppichboden bot dem Piloten und drei Passagieren in gepolsterten Ledersitzen mit individueller Frischluftversorgung, Beleuchtung und Klapptisch höchsten Reisekomfort. Da die Kabine großzügig verglast war, bot sie ausgezeichnete Sicht für die Passagiere. Für den Einstieg, der über die linke Tragfläche erfolgte, wurde die Verglasung nach rechts geklappt. Die beiden letzten Maschinen erhielten eine komplett nach hinten verschiebbare Kabinenverglasung. Hinter der Kabine befand sich der Gepäckraum und es folgte ein Kraftstofftank mit einem Fassungsvermögen von 420 Litern. Auf dem konisch auslaufenden Rumpfheck war das glockenförmige Seitenleitwerk aufgesetzt. Dieses war ebenfalls eine stoffbespannte einholmige Holzkonstruktion. Der Hauptholm war mit einem Rumpfspant fest verbunden. Das Seitenruder, ebenfalls eine stoffbespannte Holzkonstruktion, war aerodynamisch ausgeglichen. Die im Flug mittels eines Handrades über einen Seilzug verstellbare Trimmklappe war aus Sperrholz. Das einholmige trapezförmige Höhenleitwerk mit großen Randbögen, war ebenfalls eine stoffbespannte Holzkonstruktion, die relativ hoch an der Seitenflosse angesetzt war, wobei der Nasenbereich mit geformten Sperrholzteilen verkleidet war. Mittels je eines I-Stiels aus Leichtmetall pro Seite war die Höhenflosse gegen den Rumpf abgestützt. Die aerodynamisch ausgeglichenen Höhenruder waren stoffbespannte Holzkonstruktionen, wobei die Trimmklappen massiv aus Sperrholz bestanden. Diese waren nur am Boden verstellbar. Die trapezförmigen Tragflächen waren mit Leinwand bespannte zweiholmige Holzkonstruktionen, wobei die Holme unterhalb der Kabine durch den Rumpf gingen, und mit den dortigen Spanten einen stabilen Kasten bildeten. Die Rippen und die Holme der Außenflügel waren zusätzlich mit Drahtseilen kreuzweise verspannt und die Vorderkante bestand aus Sperrholzformteilen. Der Bereich der Tragflächen beim Übergang zum Rumpf, wo der Zugang zur Kabine erfolgte, bestand ebenfalls aus Sperrholz, das sogar mit Leichtmetallblechen beschlagen war. Im Bereich zwischen Rumpf und den Motorengondeln waren auf jeder Seite die Kraftstofftanks mit einem Fassungsvermögen von je 390 Litern für diese Motoren eingebaut. Die Motoren waren so eingebaut, dass sie komplett vor der Tragfläche lagen, was bei Reparatur- und Wartungsarbeiten einen leichten Zugang von allen Seiten erlaubte. Durch ein massives Brandschott aus Leichtmetall waren die Motoren zu dem hinteren Teil der Motorengondel abgeteilt. Hinter dem Brandschott befand sich je ein Öltank mit einem Fassungsvermögen von 38 Litern. Der Raum hinter dem Öltank diente der Aufnahme der Hauptfahrwerksräder, die hydraulisch nach hinten eingefahren wurden, aber im eingefahrenen Zustand noch zu zehn Prozent herausragten, was als Schutz von Rumpf und Motorengondeln bei Bauchlandungen dienen sollte. Der Fahrwerkschacht wurde im Flug durch zwei Leichtmetall-Klappen verschlossen, die ebenfalls hydraulisch betätigt wurden. Über die Hinterkante des gesamten Flügels waren die Landeklappen und die Querruder angebracht. Beide waren ebenfalls stoffbespannte Holzkonstruktionen. Die Querruder verfügten über je eine im Flug verstellbare Trimmklappe aus massivem Sperrholz. Das Fahrwerk war ein einziehbares Heckradfahrwerk, wobei das schwenkbare, gummigefederte Heckrad nicht einziehbar war. Die Haupträder hatten ein Rahmenfahrwerk mit je zwei ölgedämpften Stoßdämpfern und wurden hydraulisch gebremst. Das Ausfahren erfolgte durch mechanisches Lösen einer Sperre und durch das eigene Gewicht fiel das Fahrwerk nach unten. Das Einziehen erfolgte hydraulisch.
Bau und Flugerprobung der Cant Z.1012
Der Baubeginn, der vorerst auf fünf Maschinen begrenzten Serie, erfolgte im Frühsommer 1937 und Mitte Oktober war die erste Maschine fertiggestellt und zur Bodenerprobung bereit. Dabei kam es zu Problemen mit den Motoren, die in bestimmten Drehzahlbereichen starke Schwingungen erzeugten, die durch eine Überarbeitung der Motoraufhängungen beseitigt werden konnten, so dass am 17. November 1937 die erste Maschine mit der Nummer M.M.367 zum Erstflug starten konnte. Diese Maschine war für den Luftattaché bei der italienischen Botschaft in Washington bestimmt. In kurzer Folge folgten die restlichen vier Maschinen, wobei die letzten beiden stärkere Motoren Alfa Romeo 115 erhielten, da man bei CANT überzeugt war, dass die ersten drei Exemplare leicht untermotorisiert waren. Das wurde auch von den Piloten bestätigt. Die neuen Motoren waren Alfa Romeo 115, luftgekühlte hängende Sechszylinder Reihenmotoren mit einem Hubraum von 9,187 Litern. Die Startleistung betrug 188 PS (138 kW) bei 2.350 U/min, die Einbaumaße blieben mit einer Länge von 1,642 m, einer Breite von 0,498 m und einer Höhe von 0,825 m identisch, lediglich die Leermasse erhöhte sich auf 210 kg. Der Verbrauch stieg auf 45 Liter für 100 km an, was zu einer leicht verkürzten Reichweite von 920 km führte.
Nach fünf Maschinen wurde die Cant Z.1012 für den Export freigegeben
Nach der Ablieferung der fünften Maschine teilte das Beschaffungsamt der Regia Aeronautica CANT mit, dass keine weiteren Maschinen bestellt würden, gab aber die Z.1012 für den Export frei. Die Bemühungen die Maschine ins Ausland zu verkaufen, blieben aber bis zum Eintritt Italiens in den Zweiten Weltkrieg erfolglos. (Am 10.Juni 1940 erfolgte die italienische Kriegserklärung an Frankreich)
Die fünf gebauten Maschinen wurden wie folgt verteilt:
Eine Maschine an den italienischen Luftattaché in Washington.
Im März 1942 von den US Behörden auf dem Bolling Field, einem Militärflugplatz in Washington, beschlagnahmt.
Eine Maschine an die italienische Botschaft in Rio de Janeiro, die nach dem Kriegseintritt Italiens in Brasilien Flugverbot erhielt und später beschlagnahmt wurde. 1943 verkaufte die brasilianische Regierung die Maschine an die Schweizer Botschaft in Rio de Janeiro, die sie bis ca. 1948 noch als Reiseflugzeug verwendete, genauere Daten sind nicht bekannt.
Eine Maschine erhielt der italienische Luftfahrtminister Marschall Italo Balbo als persönliches Reiseflugzeug mit der zivilen Kennung I-IEAI, die er nur kurzzeitig nutze. Ab 1939 betrieb die italienische Luftfahrtgesellschaft LATI diese Maschine unter der gleichen Kennung als Zubringerflugzeug. LATI (Linee Aeree Transcontinentali Italiane) führte von 1938 bis 1941 von Rom planmäßige transatlantische Flüge nach Rio de Janeiro, Recife und Buenos Aires durch. Zum Einsatz kamen dabei Savoia-Marchetti S.M.75 und Savoia-Marchetti S.M. 83. Insgesamt führte LATI ab 1939 211 Transatlantikflüge durch.
Eine Maschine erhielt Bruno Mussolini, ein Sohn Benito Mussolinis, als persönliche Reisemaschine. Diese Maschine hatte die zivile Kennung I-BRVO.
Eine Maschine war das Stabsreiseflugzeug von General Giuseppe Valle, Generalstabschef der Regia Aeronautica.
Bis Mai 1943 war nur noch eine der drei in Italien verbliebenen Z.1012 flugfähig, die Zubringermaschine der LATI, aber 1944 ereilte auch sie ihr Schicksal. Sie wurde von italienischen Partisanen verbrannt.
Die beiden anderen Maschinen waren bereits stillgelegt, ihre Motoren hatte man ausgebaut und kurze Zeit später wurden die Zellen vernichtet.
Was von der Z.1012 blieb:
Sie war das erste weltweit speziell nur für Botschaften und deren Diplomaten gebaute Reiseflugzeug.
Technische Daten: Cant Z.1012
Land: Italien
Verwendung: Reise-und Verbindungsflugzeug
Triebwerk: drei luftgekühlte, hängende Vierzylinder Reihenmotoren Alfa Romeo 110 mit festen Zweiblatt-Holz-Propeller Alfa Romeo
Startleistung: 122 PS (90 kW) bei 2.350 U/min
Dauerleistung: 98 PS (72 kW) bei 2.000 U/min in 4.000 m
Kraftstoffverbrauch bei Startleistung: 40 l/h
Kraftstoffverbrauch bei Dauerleistung: 34,5 l/h
Baujahr: 1937
Erstflug: 17. November 1937
Besatzung: 1 Mann
Passagiere: 3 – 5
Abmessungen:
Spannweite: 15,00 m
Spannweite Flügelmittelstück: 4,82 m
größte Flügeltiefe: 2,90 m
größte Flügeldicke: 0,53 m
Länge Landeklappen: 3,68 m
Länge Querruder: 2,80 m
Länge: 9,85 m
größte Höhe: 3,10 m
Spannweite Höhenleitwerk: 5,0 m
größte Tiefe Höhenleitwerk: 1,40 m
größte Rumpfbreite: 1,10 m
größte Rumpfhöhe: 1,85 m
Kabinenlänge: 3,15 m
Propellerdurchmesser: 2,35 m
Propellerfläche: 4,34 m²
Spurweite: 4,82 m
Radstand: 7,72 m
Flügelfläche: 25,10 m²
Pfeilung Außenflügel : 6°
V-Form: +7“
Flügelstreckung: 8,96
Länge Motorengondeln: 3,68 m
Reifengröße Haupträder: 690 x 200 mm
Reifengröße Spornrad: 290 x110 mm
Massen:
Leermasse: 1.855 kg
Startmasse normal: 3.320 kg
Startmasse maximal: 3. 525 kg
Zuladung normal: 1.135 kg
Zuladung maximal: 1.370 kg
Tankinhalt: 1.200 Liter
Schmierstoff: 114 l
Flächenbelastung: 140,44 kg/m²
Leistungsbelastung mit Alfa Romeo 110 : 9,63 kg/PS (13,1 kg/kW)
mit Alfa Romeo 115 6,26 kg/PS (8,51 kg/kW )
Leistungen:
Höchstgeschwindigkeit in Bodennähe: 320 km/h
Höchstgeschwindigkeit in 3.000 m: 334 km/h
Marschgeschwindigkeit in 3.000 m: 240 km/h
Landegeschwindigkeit: 92 km/h
Gipfelhöhe: 6.000 m
Steigleistung mit Alfa Romeo 110: 7,9 m/s
mit Alfa Romeo 115: 9,1 m/s
Steigzeit auf 1.000 m mit Alfa Romeo 110: 2,5 min
mit Alfa Romeo 115 : 2 min
Steigzeit auf 4.000 m: 11,5 min mit Alfa Romeo 115 10 min
Steigzeit auf 6.000 m: 20 min mit Alfa Romeo 115 16 min
Reichweite normal: 1.000 km mit Alfa Romeo 115 920 km
Reichweite maximal: 1.220 km mit Alfa Romeo 115 1.060 km
Flugdauer : 5h
Startstrecke: 210 m
Text und technische Daten: Eberhard KRANZ